Ich kam, sah und atmete!
Mein Name ist Labi, oder genauer gesagt: Labiano. Ich will mich ja nicht selbst loben, aber ich bin ein todschicker Wallach und, sagen wir mal, im besten Alter. Früher habe ich in der Nähe von Mannheim gewohnt. Da war es im Grunde ganz nett, aber ich kam mit der Luft nicht gut zurecht und konnte mit der Zeit nur noch sehr schwer atmen. Eigentlich war ich mit 17 noch zu jung für den Renteneintritt ohne Abschläge, aber meine beiden Zweibeiner wollten mir etwas Gutes tun. „Für die letzten paar Monate soll er es noch schön haben“, sagten sie traurig. WAS? Diesen Satz fand ich ja recht befremdlich, aber ich kletterte dennoch zuversichtlich in den Hänger und ließ mich nach Hergenstadt auf den Pferdehof der Familie Schmidt fahren.
Was soll ich sagen, ich ehemaliges „Boxenpferd mit Ausguck“? Zunächst mal: Wow, ein Pferdeluftkurort. Weiden, soweit meine erstaunten Augen reichten. Und dazu jede Menge leckeres Bio-Heu. Aber das Beste: Ich stand plötzlich nicht mehr in Einzelhaft hinter Gittern (UNSCHULDIG, wohl gemerkt! Unter uns: Ich war schon immer - oder zumindest meistens, wenn ich nicht gerade dringend jemanden aus dem Sattel bocken musste - ein sehr netter Kerl!!), sondern lebte mit anderen Pferden rund ums Jahr im Freien, in den Sommermonaten sogar nachts, fast wie bei den Pfadfindern! Zu den Ländereien meiner Herde gehört auch ein Stück Wald, falls es uns im Sommer mal zu warm wird!!!!! Im Winter darf ich mit den anderen abends zum Schlafen in den Stall. Auch nicht schlecht!
Ganz tief durchatmen konnte ich übrigens bereits nach wenigen Wochen wieder! Wer es nicht glaubt, sollte mal vorbeikommen, wenn ich den Weg nach oben zu den Koppeln trabe. Oder im Galopp hinter meiner Freundin herflitze.
Was ich vergessen habe, zu erwähnen: Meine „letzten paar Monate“ haben vor ziemlich genau 13 Jahren begonnen. Ich erlebe gerade den fünften oder sechsten Frühling, so genau habe ich nicht mitgezählt. Jedenfalls ich bin seit kurzem schwer verliebt. Die eine Dame, Grace, ist eine rassige Rappstute, die andere, Abra, eine zierliche Rothaarige.
Manchmal gebe ich mich absichtlich tüddelig und gebrechlich, dann sind die Schmidts besorgt und weichen mir zusätzlich zum Heu noch Heucobs ein. Ich muss schließlich für die Damenwelt bei Kräften bleiben.
Inzwischen bin ich auch sprachlich voll integriert, ich wiehere fließend bauländisch. Das ist eine dem Odenwälderisch ähnelnde Sprache. Nicht ganz einfach zu erlernen, aber ich habe das natürlich geschafft. Kein Pferdelatein, ich schwör‘!
Wenn Ihr Lust habt, könnt Ihr mir einen Kommentar im Blog hinterlassen. Wenn ich Zeit habe, antworte ich Euch!
Euer Labi
(nach Diktat auf die Koppel gelaufen)
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